Monday, March 10, 2008

Katzenjammer

Heute, am 8. März, wer hätte es zu Hause gewusst, wird der internationale Weltfrauentag gefeiert. Dazu wird aus vielen Orten der komplette Hühnerstall in LKWs herangekarrt, damit die Damen sich mal so richtig und voller emanzipatorischem Bewusstsein austoben können. Auf meiner mittaglichen Frühstücksorganisationstour bin ich beinahe unter die Räder eines solchen wütenden Tanzmobs geraten, sodass ich mich schleunigst verkrümelt habe.
Ganz SAVA ist von dieser Feierlichkeit erobert. Ganz SAVA? Nein, ein kleines, widerspenstiges Fräulein leistet unerbittlichen Widerstand. Die Frau meines Chefs rollt nur mit den Augen, wenn das Thema Emanzipation und 8. März fällt. Die madagassische Emanzipation beschränke sich ihrer Meinung nach auf zügellose Rumfickerei im Beinahe-noch-Kindesalter. Zugegeben, die anderen Muttis der Schulkinder hier haben vor noch nicht allzu langer Zeit selber noch dort die Bänke gedrückt. Sie jedenfalls brauche keinen Weltfrauentag, um sich ihrer Rolle im Haushalt bewusst zu sein. Dort ist sie die uneingeschränkte Herrscherin und weiß ihr Revier zu verteidigen. Wenn ungebetene Gäste erscheinen, werden diese unbarmherzig vertrieben. Dies musste zuletzt ein kleines buntes Chamäleon am eigenen Leib erfahren, dass sich im Gemüsebeet verlaufen hat. Ich wusste nicht, dass die kleinen Racker so weit fliegen können. Auch einem süßen Kätzchen stand die Panik ins Gesicht geschrieben, als es, in die Ecke gedrängt, den letzten Ausweg nahm und den drei Meter hohen Holzzaun hinunter sprang.
Hier scheint wohl eine Erklärung von Nöten, also Ohren gespitzt:
Der werte Leser ist sich ja hoffentlich der schrecklichen Unheils-Kraft speziell schwarzer Katzen, die uns von links unter die Augen treten, bewusst. Hier in Madagaskar sollte man sich hüten, von einer verlassen zu werden, es sei denn, man hegt den unmittelbaren Wunsch, von allen Lebensgeistern verlassen zu werden. Deshalb ist es natürlich effektiver, wenn man diese Unheilsbringer gar nicht erst an sich heran kommen lässt.
Chamäleons hingegen sollten sich nicht verletzen oder sterben, wenn man sich in der Nähe befindet, ansonsten wird man sich selber verletzen oder sterben. Wenn jemand sieht, wie jemand anderes ein Chamäleon tötet, darf er jedoch nicht intervenieren, weil, wenn er ein geringeres Karma hat, er anstelle des Mörders stirbt.
Katze und Chamäleon in Kombination ergeben ein richtiges Dilemma, von daher können wir uns enorm glücklich schätzen, dass die Eindringlinge in unserem Haus so unerbittlich entfernt wurden. Denn, wie Katzen nun mal sind, spielen sie gerne mit ihren Opfern, die hierzulande weniger aus Mäusen als vielmehr aus Monsieur Chamäl bestehen. Wenn nun also eine Katze ein Chamäleon verletzt und es freundlicherweise mit nach Hause bringt, dann Prost Mahlzeit! Man stirbt also entweder bei dem Versuch, das Chamäleon zu retten, oder wenn das Chamäleon nicht wieder zu Kräften kommt, oder wenn die Katze das Haus verlässt und das Chamäleon in Ruhe lässt.
So bleibt einem nur die Flucht nach vorn, indem man die Kätzchen von vornherein mit dicken Holzlatten weg prügelt.

Sunday, February 10, 2008

Waza, Hitler, Vorhaut

Nach fünf Wochen hier ist die Eingewöhnungszeit langsam vorbei. Mittlerweile sind wir aber fest eingespannt in das Netz der sozialen Beziehungen, man trifft auf der Straße mitunter immer dieselben Leute. Deshalb haben wir letztes Wochenende die Reißleine gezogen und sind nach Andapa in die Berge geflohen. Dort ging dies aber unvermittelt weiter. Kaum stiegen wir aus dem viel zu Vollen, viel zu engen Bus liefen wir John in die Arme. Er arbeitet dort als Volunteer für das US-Peace Corps und bringt den Kids ein bisschen Englisch bei. Keine Minute später hielt ein Jeep an, mit Eric, der seit einigen Jahren als einziger Waza dauerhaft dort lebt: „Hey nice to meet you, I’ve already heard from you!“

Die Welt ist so dermaßen klein hier.

Ich bin noch eine kleine Erklärung schuldig: Waza (Malagassy) = Wazunga (Kisuaheli) = Falang (Thai) <>Nigger (Englisch). Alles klar? Es scheint eines der ersten Worte zu sein, die die Kinder hier aufschnappen. Jedes Mal, wenn wir aus unserer Wohnung auf die Straße treten, werden wir von den einjährigen Hosenscheißern mit einem wiederholten „Bonjour Waza, Bonjour Waza, Bonjour Waza“ empfangen. Da können wir einfach nicht anders, als zurückzugrüßen mit einem herzhaften „Bonjour Neger!“

Zurück zu Andapa! Wir haben dort doch tatsächlich die Bekanntschaft mit Hitler gemacht!!! Ohne Scheiß, die Eltern hier haben die Gepflogenheit, ihren Kindern die abenteuerlichsten Namen aufzubürden. In diesem Fall haben sie sich wohl von einem Geschichtsbuch inspirieren lassen. Was mich außerordentlich wundert, da die Leute hier ansonsten meistens einen großen Bogen um Bücher aller Art machen. Andere lustige Namen sind Mars, nach seinem Geburtsmonat und für seinen kleinen Bruder, der im selben Monat geboren wurde, wurde „Im selben Monat wie Mars“ ausgesucht. Ob man damit wohl beim Einwohnermeldeamt durchkommen würde?

In der malagassischen Gesellschaft, vor allem auf dem Land, ist der Ahnenkult stark verbreitet. Es gibt zwei damit verbundene wichtige Rituale, die Beschneidung und das famadihana. Zugegeben die Beschneidung von Jungen ist nichts Außergewöhnliches, wie mir gestern Abend bewusst wurde, als die Amis vom Peace Corps mir erzählten, dass ca. 80-90% der Amerikaner beschnitten sind. Dennoch hat die malagassische Variante etwas durchaus Bizarres. Die Kinder werden die ganze Nacht zum Tanzen gezwungen, damit sie morgens so müde sind, dass sie keinen Widerstand mehr leisten können. Man muss sich das mal bildlich vorstellen, wie um vier Uhr morgens ein 5 jähriger Junge wild im Hof rumtorkelt und alle Erwachsenen drum herumstehen und ihn anfeuern. Die Spitze des Eisbergs ist jedoch, dass die Vorhaut vom Großvater, manchmal auch vom Onkel gegessen wird. Dabei wird durchaus kulinarischer Einfallsreichtum bewiesen, indem die Wurstpelle schon mal auf eine Bananenspitze gestülpt wird. Mahlzeit!!

Beim anderen wichtigen Ritual, dem famadihana, werden Uroma und Uropa wieder ausgebuddelt, ihre ausgeblichenen Knochen gewaschen und es wird ihnen was Frisches zum Anziehen gegeben. Bemerkenswert dabei ist jedoch eine damit verbundene Heiratsvorschrift. Um Inzest zu vermeiden, dürfen Menschen mit demselben Urahnen erst dann wieder untereinander heiraten, wenn die Knochen des gemeinsamen Groß-Groß-Groß-Groß-Groß-Groß-Papas anfangen, sich aufzulösen. Da dies bei den hier angewendet Balsamierungs-techniken erst nach ungefähr 200 Jahren zutrifft, ist damit gewährleistet, dass erst nach ca. 7 Generationen Menschen der gleichen Familie sich wieder lieb haben.

In der Praxis bedeutet dies natürlich, dass man sämtliche längst verblichene Familienmitglieder bis zur 7. oder 8. Generation kennt, nicht nur der direkten Linie, sondern auch die Seitenlinien. Bei durchaus nicht unrealistischen Familiengrößen von 7,8 und mehr Kindern wächst der Stammbaum exponential.

Nun ja, ich bin ja schließlich nicht mit ethnologischer Mission hier, sondern sozusagen in der Strombranche tätig. Was mir bei meiner Feldarbeit dort begegnet, lässt mich jedoch auch an Kants reiner Vernunft zweifeln. Ich habe ein Dorf besucht, das aufgrund seiner Nähe zu einem kleinen Wasserfall mir in der Lage erscheint, durch Wasserkraft elektrifiziert werden zu können. Um die Energienachfrage bestimmen zu können, habe ich Familien zu Hause besucht. Das Dorf besteht aus Stroh- oder bestenfalls Holzhütten, es gibt ein Krankenhaus, das aber außer einem festen Dach über dem Kopf nicht wirklich viel zu bieten hat und zwei Schulen, in denen sich 80-90 Kinder pro Klassenraum zwängen. Jedoch gibt es in fast jeder Familie, die ich besucht habe, einen Fernseher. Keinen Strom wohlgemerkt! Manche Familien besitzen zwar einen Dieselgenerator, der aber aufgrund der hohen Ölpreise so gut wie nie läuft. Ich bin mir auch wirklich nicht sicher, ob in diesem Dorf überhaupt Empfang für eines der TV-Programme besteht. Der Fernseher ist hier aber das Statussymbol #1. Sein Besitz ist allemal wichtiger, als den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.

Tuesday, January 15, 2008

Unser neues Zuhause

Endlich angekommen! Sambava im Nordosten Madagaskars ist zurzeit aufgrund der Regenzeit nur mit dem Flieger zu erreichen. Eine Insel auf der Insel sozusagen. Zwei mal die Woche fliegt Air Madagaskar über Tamatave hierhin, jedes Mal ein Riesenereignis. Viele Menschen erwarten die Maschine, die neben den Leuten auch jede Menge Güter transportiert. Von Arzneien über Gemüse bis hin zu DVD-Playern reicht die Palette. Wir wurden (mit ein wenig Verspätung) abgeholt von meinem Chef, Herr Knop, seiner Frau und der kleinen Nyana.

Nach einem recht deutschen Mittagessen mit kleinen Bratwürsten und Kartoffelpüree haben wir uns erstmal im Hotel Melrose breit gemacht, direkt am Strand gelegen mit genialster Welleneinschlafmusik. Leider hat sie ein wenig ihre Wirkung verfehlt in den ersten zwei Nächten, da es viel zu heiß war zum Einschlafen. In der zweiten Nacht haben wir zusätzlich ungebetene Gäste bekommen. Wir spekulierten darauf, dass mein Axe Deep Ocean Showergel der Übeltäter war, denn unmittelbar nach meiner Dusche kamen hunderte kleiner Insekten durch eines der Fenster gekrochen. Wir haben es wegen des zugezogenen Vorhangs leider zu spät bemerkt, sodass wir nach einem versuchten Genozid uns schließlich in die letzte Bastion des Moskitonetzes verkrochen haben.

Ja in Sachen kleiner und größerer Tierchen kommt man hier wahrlich nicht zu kurz. Bei Chez Patrick, gab’s auf Jules Sandwich ’ne kleine Fleischbeilage in Form von dutzenden Ameisen. Die erste hatte Sie ja noch tapfer ignoriert, die zweite und dritte hätte sie gerade noch ertragen, aber als aus der Bissstelle plötzlich ein ganzes Rudel Ameisen hervorquoll, hab ich sie echt nicht beneidet. Naja, wir haben dem lieben Patrick noch ne zweite Chance am Abend drauf gegeben, und wer sagt’s denn? Die Nudelsuppe und das Steak mit Pommes konnten alles. An diesem Abend kam dann plötzlich ein riesiger Einsiedlerkrebs in einem gedrehten Häuschen zu Besuch hereinspaziert. Des Weiteren muss man hier aufpassen, dass man keine bunten Chamäleons überfährt, die grade den imaginären Zebrastreifen benutzen. Ein Glück für sie, dass sie so langsam sind, dass man sie nur mit purer Boshaftigkeit treffen kann. Außerdem scheint Asphaltgrau nicht gerade in ihrem Farbenspektrum zu liegen. Heute morgen dann lag als Beifang der Fischer in der kleinen Lagune unweit unseres Hauses ein richtig großer Rochen mit Leopardenmuster. Als wir am Montag, meinem ersten Arbeitstag, einen Abstecher in die nähere Umgebung gemacht haben, und den Bruder einer Freundin Frau Knops besucht haben, der dort Landwirtschaft betreibt, konnte man dort im Fluss beinahe mit der Hand die Krabben und Krebse fangen. In den oberen Etagen der Bäume haben Riesenspinnen ihre Netze gespannt, einige Etagen tiefer bin ich beinahe auf eine kleine Schlange getreten. Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, zu lesen, dass 80% der Arten endemisch sind, also nur hier vorkommen, und plötzlich die abgefahrensten Viecher auf sich zu fliegen zu sehen.

Der Besuch des Bauernhofs war super. Man kann sich hier mühelos durch den Wald essen. Wir haben Kakao, Vanille, Kaffee, Bananen, Papaya, Mangos, Maniok, Chili, Piement, Zuckerrohr und vieles mehr wachsen sehen. Er war auch nicht ohne Grund. Denn der werte Herr möchte sein Gehöft gerne elektrifizieren. Da es ziemlich aussichtslos erscheint, bis dort eine Oberleitung zu spannen, wird es entweder auf Solar- oder Wasserkraft hinauslaufen. Ich soll jetzt mithelfen, das Potential für die Wasserkraft herauszufinden und auszuschöpfen. Dafür hab ich mich die ersten Tage in die entsprechende Literatur vertieft. Demnächst werden wir dann Abfluss und Höhenmessungen vornehmen.

Witzig ist das Taxifahren hier. Die gesamte Taxiflotte besteht aus 30-40 Jahre alten Renault 4, die permanent die einzige Hauptstraße hoch und runterfahren. Man braucht sich nur an den Straßenrand zu stellen und schon hält jemand, egal ob besetzt oder nicht. Solange ein Platz frei ist, wird man mitgenommen. Man hat also nicht sein privates Taxi, sondern eine Art Sammeltaxi. Um’s noch entspannter zu machen, gibt’s Festpreise, 500 Ariary pro Person innerorts, das entspricht ca. 20Cent.

Ansonsten haben wir alles, was wir brauchen in walking distance. 100 Meter von uns ist ein kleiner Laden, wo’s morgens richtig gute Baguettes und Kuchen gibt, es gibt Fahrradhändler, Videostores, Fachgeschäfte für Badezimmerbedarf, man kann Rasenmäher kaufen und Spannungswechsler, Baulampen und Toaster, Schnürsenkel, Adidas Schuhe, NBA-Jerseys und Wasserfilter, Energiesparlampen, Traktoren, und Breitbildfernseher. Jule hat sogar schon einen Laden gefunden, der Nutella!! verkauft. Was braucht man mehr?

Saturday, January 5, 2008

Mana hoana Tongasoa à Madagascar

Salut cher Blog, Mana hoana Tongasoa à Madagascar,

N’avez pas écris pour un long temps, aujourd’hui je le faire.

Moi et Julie nous sommes arrivé dans Tana, cet a dit Antananarive, hier matin. Avons resté á Paris pour quelque jours nous avons attendre avec impatience de partir. (Encore une fois, merci beaucoup Audrey et Naїke pour héberger nous!) Là, nous avons eu un bon temps, malgré la fêté de novelle an en Champs Elyssee était très ennuyeux. Ni du feu de joie, ni de compte a rebours, qu’est qu’on fait? Alors, les restes de cet fêté sont visible ici á Tana aussi; le pendant Merina de Champs Elyssee, le Araben my Fahaleovantena ou le Avenue de l’indépendance en Malagassy, est occupé de plusieurs des activités pour les enfants (comment on appelle Karusell en Français?) D’accord, continuons en Anglais, c’est mieux,

Anyway, it was delighting to observe the kids’ fun while taking a ride on the fairy wheel or on the carousel driven by hand power. One had the choice between a rusty Citroen 2CV and a space shuttle with missing wings. Apart from being the amusement strip of the town another really promising observation appealed to me: There’s no fuckin’ McDonalds in town!!! Only the second country after Laos I’ve visited so far. The joy didn’t last very long, since the local soft drink, a brand called bonbon anglais and tasting like Hubba Bubba with Carbon oxygen, has already been incorporated into the global Coca Cola imperia.

Strolling around the city, I can hardly avoid looking for similarities to India. From the culinary point of view I felt excited seeing Samosas being sold. I’m not sure (and don’t want to be) about the ingredients, especially after having seen the living worms and scorpions being offered on the market next to the mangos and chicken. Anyway, they definitely can’t compete with those of Ganga Dhaba on JNU Campus.

Instead of my beloved rikshas an enormous fleet of 2CV and Renault 4 taxis occupy the capital’s streets. Charming alike! On the positive side, compared to India, one has to emphasize the existence of more or less well maintained sidewalks. Therefore it’s not at all suicidal to go per pedes. I don’t know what to do yet with all my senses I use in vain being out in the streets.

Well, what shall I say, life`s Mora mora (Shanti, EasyPeasy, Loggerfloggisch) here, but we’ll only stay until Sunday. Then our flight goes to Sambava, our final destination for the next three months.

Velum